Mich hat eine E-Mail mit einer sehr interessanten Frage erreicht. Es geht um die Frage, wie man beim BDSM-Spiel leichter in seine Rolle finden kann. Der Leser, K., hat zugestimmt, dass ich die Frage auf meiner Seite beantworte, damit alle etwas davon haben. Aus Diskretionsgründen habe ich die Namen mit einem Buchstaben abgekürzt.
Wie findet man beim BDSM leichter in seine Rolle als Herrin bzw. Sub/Sklave?
<<Hallo Lady Sas,
mein Name ist K. Ich bin seit 20 Jahren 29 und seit 5 Jahren mit meiner Frau T. verheiratet. Wir haben seit ca. 2 Jahren das Rollenspiel „Herrin & Sklave“ für uns entdeckt und auch schon deine Bücher dafür gekauft. Wir reden sehr offen über Alles und haben beide großen Spaß an dem Rollenspiel, aber große Probleme „in die Rolle“ zu kommen. Unser Hauptproblem ist aus meiner Sicht, dass ich im „normalen Leben“ eher dominant bin und es meiner Frau schwer fällt mich dann „im Spiel“ zu dominieren.
Lange Rede, kurzer Sinn. Gibt es die Möglichkeit von dir eine „Schulung“ oder etwas ähnliches dafür zu bekommen?
Liebe Grüße
K.>>
Hier die Antwort von Lady Sas:
Lieber K.,
danke für diese interessante Frage. Ich bin mir sicher, es geht vielen anderen Leserinnen und Lesern des Blogs ebenso wie Dir. „Ich bin seit 20 Jahren 29“ habe ich zwar nicht ganz verstanden, aber bei Deiner Frage kann ich gern einige Gedanken und Tipps anbieten.
DIE allgemeingültige Wahrheit gibt es vermutlich nicht. Ich behaupte nicht, allwissend zu sein, aber wie gesagt: Gerne biete ich meine Sicht der Dinge an und womöglich ist ein Tipp dabei, der Euch weiterbringt.
Das Wichtigste ist aus meiner Sicht das richtige Mindset, auf Deutsch: die richtige Geisteshaltung, die richtige Einstellung. Gerade als Mann, der im Alltag eher dominant ist, ist es oft schwierig sich von jetzt auf sofort in eine ganz andere Rolle und Haltung zu begeben. Wer darin keine Übung und Routine hat, der tut sich selbstverständlich oft schwer damit.
Wenn Alphatiere zu einer Profi-Domina gehen, tun sie sich viel leichter damit. Denn bei der eigenen Partnerin spielen unbewusste Ängste hinein: Wird sie mich je wieder respektieren und lieben, wenn ich mich jetzt schwach zeige? Wird sie mich nicht insgeheim verachten und als Waschlappen ansehen, wenn ich mich ihr als Sklave unterwerfe? Das sind typische Fragen, die sich Männer in so einer Situation stellen. Oft gar nicht bewusst, aber doch im Hinterkopf. Ich finde, das ist verständlich.
Die Geisteshaltung ist am wichtigsten.
Deshalb ist es entscheidend wichtig, die Haltung im Vorfeld zu klären. Auf beiden Seiten. Was heißt das konkret? Es heißt, dass beiden Partnern klar ist, was hier passiert. Beiden soll klar sein, dass sie ein Erwachsenenspiel spielen. Ein Spiel ist das Gegenteil vom Ernst des Lebens. Ein Spiel ist ein Versuchsfeld, in dem man sich ohne Angst ausprobieren kann. Es ist ungefährlich. Es gibt kein Scheitern. Es gibt nur Versuchen, Lernen und Spaß haben. Das ist das Wesen eines Spiels. Das muss man im Vorfeld begreifen. Jeder ist eine Spielfigur. Jeder nimmt im Spiel eine Rolle ein. Diese Rolle kann sich auch mal ändern. Alles ist möglich. Wichtig ist aber das Bewusstsein, dass es sich um ein SPIEL handelt und um ROLLEN. Nichts davon ist echt.
Habe ich, Lady Sas, einen leibeigenen Sklaven, den ich keusch halte? In der BDSM-Spielwelt schon. In der Realität aber natürlich nicht. Zum Glück ist die Leibeigenschaft schon lange Geschichte. Mein Sub kann jederzeit sagen: Sorry, meine Liebe, ich mag nicht mehr. Gut so, denn es ist ja nur ein Spiel zwischen Erwachsenen.
Nachdem dieses einfache, aber entscheidende Prinzip beiden klar geworden ist, gibt es nun noch einige Möglichkeiten, sich dieses Prinzip laufend bewusst zu machen.
7 Tipps leichter in die Rolle zu finden.
Tipp 1: Im Spiel spielst Du eine Rolle. Diese Rolle bist nicht Du. Vergleiche es mit einem Schauspieler. Der Schauspieler schlüpft in verschiedene Rollen, aber in Wahrheit ist er nicht diese Rolle, er bleibt immer die Persönlichkeit des Schauspielers. Du tust Dich leichter, wenn Du Deiner Rolle einen Namen gibst. Vielleicht heißt Deine Frau Sandra. Aber sie spielt gerne die Rolle der dominanten und arroganten Gräfin Z. Oder der fordernden und stets unzufriedenen Lady Jenny. Es ist übrigens auch interessant, die Rolle weiter auszuschmücken. Zum Beispiel mit einer eigenen Vita, einer eigenen Vorgeschichte, eigenen Eigenschaften und Werten.
Tipp 2: Nutze feste Rituale, um in Deine Rolle zu kommen. Das kann zum Beispiel eine kniende Position des Sklaven sein, der die Herrin mit einem Fußkuss begrüßt. Feste Rituale helfen, in eine Stimmung zu kommen und uns auf das richtige Gleis zu setzen.
Tipp 3: Beginne mit Dingen, die beiden Freude machen. Der Anfang sollte so leicht und so schön wie möglich sein. Beginnt mit etwas, auf das sich beide freuen können. Das erleichtert den Einstieg. Wenn zum Beispiel beide auf High Heels stehen, dann lässt die Herrin den Sklaven am Anfang am besten ausführlich ihre High Heils verehren.
Tipp 4: „Topping from the bottom“ bedeutet, dass der Sklave in seiner devoten Rolle versucht, die Herrin zu beeinflussen. Er versucht, sie von unten zu dominieren. Bei Alltags-dominanten Männern ist das ein weit verbreitetes Problem. Sie machen es unbewusst und nicht böswillig. Es ist die Aufgabe der Herrin, sich ihrer Rolle bewusst zu sein und diese Versuche zu unterbinden.
„Nein, das habe ich dir doch vorhin gesagt, Schatz“, sagt der Mann zum Beispiel, als die Herrin ihm die Augen verbinden will. „Ich möchte alles sehen. Nimm mir die Augenbinde ab.“ – Was passiert hier?
Der „Sklave“ fällt komplett aus der Rolle. Er spricht die Herrin mit „Schatz“ an und gibt ihr Anweisungen. Wie reagiert die Frau am besten darauf? Falsch wäre: „Oh, sorry, Schatz, hab‘ ich vergessen.“ Richtig wäre: „Was fällt dir ein, Sklave, so mit mir zu sprechen! Ich verbinde dir die Augen, weil ich das gerne so möchte. Was du möchtest, interessiert mich nicht. Ich bin die Herrin! Und jetzt entschuldige dich für deinen frechen Ton, Sklave!“
Die Lösung ist, konsequent in der Rolle zu bleiben und dem Sklaven nichts durchgehen zu lassen.
Tipp 5: Meistens sind Frauen unsicher, wenn sie noch nicht viel Erfahrung haben. Sie wissen nicht, wie sie mit dem Sub sprechen sollen, was sie tun sollen, haben Angst vor Pausen und sind nervös. In solchen Fällen empfiehlt es sich, erfahrenen Herrinnen über die Schulter zu schauen. Da jedoch die wenigsten Frauen eine Profi-Domina zur Freundin haben, gibt es auch andere Möglichkeiten. Zum Beispiel BDSM-Filme oder BDSM-Bücher, in denen authentische Sessions dargestellt werden. Bei meinen Büchern empfehle ich dazu besonders:
Hier finden sowohl Herrin als auch Sklave authentische Session-Szenen, aus denen man sich den grundsätzlichen Ton und Umgang abschauen kann. Trotzdem ersetzen Bücher noch lange keine Praxis. Spielsicherheit erlangt man eben nur durch das Spielen selbst.
Tipp 6: Das Ende der Session sollte ebenfalls durch ein Ritual gekennzeichnet sein. Zum Beispiel den Schuhkuss und das Ablegen des Halsbands durch die Herrin, einen finalen Kuss oder eine Umarmung. Danach sollte klar sein: Okay, Spiel beendet. Wir sind wieder in unseren echten Rollen und wieder auf Augenhöhe. Das ist sehr wichtig, um dem Kopf zu helfen, umzuschalten. Und es ist wichtig, um das Mindset immer klar vor Augen zu haben.
Oft denken Paare: Ja, okay, so ein Eröffnungsritual macht Sinn, das machen wir. Aber so ein Schlussritual brauchen wir nicht. Das ist ein Fehler, vor dem ich nachdrücklich warnen möchte. Bitte unbedingt einbauen! Es hilft ungemein, beide Rollen offiziell zu trennen. Dumm wäre es, wenn es zwischen der Subrolle und der echten Rolle keine offizielle Trennung gibt. Dann kann schnell etwas schief laufen.
Tipp 7: Miteinander sprechen hilft. Nach der Session sollte man sich noch genügend Zeit nehmen, das Erlebt zu besprechen. Was war besonders schön, was war weniger schön? Was machen wir beim nächsten Mal anders? Sprechen hilft. Dabei möglichst respektvoll formulieren, so dass der andere es nicht wie Kritik versteht.
So, ich hoffe, es waren interessante Erkenntnisse dabei.
Ich wünsche viel Spaß beim Spielen!
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