Switcherin Aglaya ist eine Persönlichkeit mit vielen spannenden Facetten. Sie erkundet das neue, unbekannte Land SM und ist dabei nicht ganz einfach einzuordnen. So fühlt sie sich zum Beispiel an beiden Enden der Bullwhip wohl. Sowohl als aktive Lady, die die Peitsche schwingt, als auch als passive Lady, die den Lustschmerz genießt. Im Interview gewährt sie uns Einblicke in ihren SM.
Lady Sas: Liebe Aglaya, wie würdest Du Deine BDSM-Orientierung selbst beschreiben?
Aglaya: Das ist tatsächlich nicht ganz so einfach. Einerseits liebe ich es, aktiv die Bull (Bull ist die Abkürzung für Bullwhip, eine lange Peitsche für Kenner, Anmerkung von Lady Sas) zu führen und lebe in diesen Momenten meine nicht zu verleugnende sadistische Ader aus, andererseits lasse ich mich zu gerne fallen und genieße die mir zuteil werdenden „Zärtlichkeiten“, die mich zeichnen, mich bluten lassen, mich zum fliegen bringen und mich in die Ekstase treiben. Jetzt überlasse ich die Einordnung gerne dir, Lady Sas.
Interview mit Switcherin Aglaya.
Lady Sas: Das klingt für mich nach einer Switcherin. Bitte schildere uns, wie Du auf den bizarren Bereich aufmerksam geworden bist und wie Du Dich entwickelt hast.
Aglaya: Dem „bizarren“ Bereich fühle ich mich nicht zugehörig. Für mich ist BDSM und alles, was für mich dazu gehört, eben nicht „bizarr“, sondern sehr normal und damit Teil meines Lebens.
Meine Entwicklung war leider nicht sehr stringent und zielführend, viel zu lange habe ich gesucht, ohne genau zu wissen, was ich denn eigentlich finden wollte. Das änderte sich erst, als ich endlich den Menschen gefunden habe, der in der Lage war, mir zu zeigen, was ich so lange und schmerzlich vermisst habe, ohne es benennen zu können. Die bisher unerreichten Weiten dieses unbekannten Landes „SM“ erkunde ich seitdem mit immer noch großer Neugier und einem unstillbaren Wissensdurst bezüglich dessen, was sich denn noch alles dort entdecken lässt.
Lady Sas: Dein Motto „Ama et fac quod vis” bedeutet “Liebe und mach, was Du möchtest“. Was bedeutet dieser Satz von Kaiser Augustinus für Dich?
Aglaya: Das ist mein Ausdruck dafür, mich eben nicht in Schubladen einordnen oder Konventionen unterwerfen möchte. Ich bin in meiner ganzen Art deviant – und tue alles, was ich gerne tue, mit Liebe und Enthusiasmus.
Lady Sas: Ist BDSM etwas, bei dem man sich immer weiterentwickeln muss, damit es nicht langweilig wird? Wie denkst Du darüber?
Aglaya: Vor einiger Zeit durfte ich einer Session beiwohnen. Nach einiger Zeit fing die passive Dame unerwartet an zu weinen – in Vorwegnahme dessen, was sie als nächstes zu erwarten hatte. Mir wurde mit Schrecken klar, dass sie tatsächlich die komplette Abfolge der Session im Kopf hatte … für mich eine unerträgliche Vorstellung! Ist das als Antwort ausreichen?
Über die Sonnen- und Schattenseiten beim BDSM
Lady Sas: Was sind die schönen Seiten am BDSM und was sind die Schattenseiten?
Aglaya: BDSM ist Sexualität. Sexualität ist, so lange sie erfüllend und glücklich machend ist, etwas sehr schönes. Wenn es unbefriedigend wird, wenn der Gegenüber keine Ahnung hat, was er tut oder tun sollte, oder gar nur egoistisch und nicht achtsam und emphatisch agiert, ist man auf der Schattenseite angekommen.
Lady Sas: Welchen Rat kannst Du männlichen BDSMlern geben, die online Kontakt suchen? Welche Art von Anschreiben nerven Dich?
Aglaya: Ich bevorzuge den Ausdruck BDSMer. Das zusätzliche „l“ wirkt in meinen Ohren abwertend wie z.B. das in „Gewerkschaftler“. Grundsätzlich sollten Anschreiber mein Profil gelesen habe, sich Fragen verbeten, deren Antworten sie schlicht nichts angehen, einzeilige Nachrichten vermeiden, tatsächlich auch BDSMer sein, wenn sie sich schon darauf beziehen, sich nicht über ihr Geschlechtsteil definieren, und – am allerwichtigsten – nicht auf die Idee kommen, mich per Anschreiben „dominieren“ zu können. Das ist absolut lächerlich
Lady Sas: Du bist Mitglied in der Joyclub-Gruppe „Atemkontrolle“. Welchen Reiz hat dieses Thema für Dich?
Aglaya: Was soll ich denn darauf antworten? *lach
Ich finde die Praktik, vom richtigen ausgeführt, einfach nur geil.
Switcherin Aglaya über den Peitschensport in Deutschland.
Lady Sas: Du hast mir gesagt, dass Du im Peitschensport aktiv bist. In den USA ist das „sports whipcracking“ durchaus verbreitet, wie sieht es in Deutschland aus?
Aglaya: Es gibt neben vielen regionalen Peitschensportgruppen seit 2020 auch einen Verein, die First Whipcrackers Germany e.V., welcher versucht, die unterschiedlichen Interessen zu bündeln und eine gemeinsame Plattform zu bieten. In diesem Rahmen ist es z.B. möglich, regelmäßige, geführte Übungstreffen zu besuchen und den sportlichen Umgang mit der Bull zu erlernen. Die Vereinsmitglieder und aktiven Sportler der Gruppen sind nicht unbedingt BDSMer!
Lady Sas: Welches BDSM-Spielzeug oder -Gerät gibt es nicht, müsste aber endlich mal erfunden werden?
Aglaya: Ich wüsste jetzt wirklich nichts. Vielleicht fehlt mir die Fantasie, vielleicht auch die Erfahrung – aber ich weiß, was in meinem BDSM nichts zu suchen hat: Rohrstöcke!
Lady Sas: Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?
Aglaya: Ich bin weiterhin und mit großer Freude auf Erkundungstour in dem weiten, neuen Land namens BDSM.
Lady Sas: Herzlichen Dank für diese Einblicke und Perspektiven.