Geschichte der O: alles Wissenswerte

Geschichte der O
Geschichte der O: das Buch ist Kult

SKLAVIN JO ÜBER DAS BUCH GESCHICHTE DER O

Sklavin jO

Geschichte der O – dieses BDSM-Buch hat mich derart stark in seinen Bann gezogen, dass ich so eine radiale SM-Erziehung unbedingt selbst erleben wollte. Inzwischen habe ich rückblickend meine eigene „Geschichte der jO“ aufgeschrieben. Auf dieser Seite habe ich alles zusammengetragen, was Du über die Geschichte der O wissen musst. Erfahre mehr über den BDSM-Klassiker aus Frankreich.

„Geschichte der O“ ist ein französischer Roman, der 1954 unter dem Titel „Histoire d’O“ erschienen ist. Veröffentlich wurde das Buch unter dem Pseudonym „Pauline Reage“. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Das Buch schildert, wie sich eine Frau Männern unterwirft, sich von ihnen vögeln und sogar peitschen lässt. Kein Wunder also, dass die „Geschichte der O“ ein Skandal-Buch wurde. 

Immerhin: Das Buch war ein großer Bestseller. Wenn man so will: Shades of Grey 1954. Wobei man sagen muss, dass „Geschichte der O“ ein anerkanntes Standard-Werk für BDSMler ist, wogegen „Shades of Grey“ in BDSM-Kreisen als nicht-authentisch heftig abgelehnt wird.


Dominique Aury / Pauline Reage
Dominique Aury / Pauline Reage

Geschichte der O: die Autorin

Hinter dem Pseudonym „Pauline Reage“ stand eine Frau mit dem bürgerlichen Namen Anne Desclos. Die französische Professorentochter, die am 23. September 1907 in Rochefort, Charente-Maritime geboren wurde, studierte Anglistik an der Sorbonne. Ihr Vater machte sie mit Jean Paulhan bekannt, der damals Chefredakteur der Nouvelle Revue Francaise (NRF) war. Daraufhin stieg sie bei der NRF als Verlagssekretärin und Journalistin an, die unter dem Pseudonym Dominique Aury schrieb. 25 Jahre lang arbeitete sie für die NRF – zuletzt sogar als Chefredakteurin. 

Außerdem war Anne Desclos im Lektorat des renommierten Verlags Gallimard tätig und übersetzte englische Bücher ins Französische. Zum Beispiel Werke von T. S. Eliot oder F. Scott Fitzgerald. Anne Desclos verfasste Buchkritien und war Jury-Mitglied bei Literaturpreisen. Sie schrieb auch offiziell Bücher, zum Beispiel eine „Anthologie der religiösen Dichtung Frankreichs“. Für ihre Leistungen wurde sie mit dem Orden der Ehrenlegion ausgezeichnet.

Wie kam es nun dazu, dass so eine Frau einen Sadomaso-Roman schreibt? Dazu muss man wissen, dass Anne Desclos im Zweiten Weltkrieg eine leidenschaftliche Beziehung mit ihrem Vorgesetzten bei der NRF begann. Jean Paulhan war 20 Jahre älter als sie. Als Dominique Aury davon erfuhr, dass Jean Paulhan ein glühender Anhänger der Bücher des Marquis de Sade war („Sadismus“ kommt von de Sade), beschloss sie, ein eigenes Sadomaso-Buch zu schreiben und ihm jedes Kapitel zu schenken, sobald es fertig war. Ein Liebesbrief in vielen Folgen sozusagen. Sie vollendete die Geschichte der O in drei Monaten.

Es gibt ein Zitat von Dominique Aury, das deutlich macht, wie sehr sie ihn geliebt hat: 

Ich war wahnsinnig in ihn verliebt. Es gab für mich niemanden außer ihm. Ich lebte mit ihm 15 Jahre, 11 Jahre, ich weiß nicht mehr genau. Er war der letzte Abschnitt meines Lebendigseins, meines Lebens als lebendiger Mensch. Danach war ich keiner mehr. Ich schloss mit allem ab.

Dominique Aury

Ende der 1940er Jahre hatte Jean Paulhan sie herausgefordert und gesagt, dass er sicher sei, dass keine Frau einen erotischen Roman schreiben könne. Sie tat es und verfasste mit der „Geschichte der O“ einen „Liebesbrief“ für ihn. Es sollte der bekannteste Sadomaso-Romane aller Zeiten werden. Lange blieb die Autorin anonym. Erst vier Jahre vor ihrem Tod, 1994, bekannte sie sich im amerikanischen Magazin New Yorker zu ihrem Werk. Anne Desclos starb am 27. April 1998 in Corbeil-Essonnes, Ile-de-France.

Dominique Aury Jean Paulhan
Dominique Aury und Jean Paulhan

Jean Paulhan 1938
Jean Paulhan, 1938

Geschichte der O: Parallelen zu Jean Paulhan

Mir sind interessante Parallelen zwischen Dominique Aury und ihrem Geliebten Jean Paulhan aufgefallen. Beide haben an der Sorbonne studiert. Jean Paulhan war Chefredakteur der NRF – Dominique Aury wurde später Chefredakteurin der NRF. 

Jean-Paulhan half dem jungen Verleger Jean-Jaques Pauvert nach dem Zweiten Weltkrieg, die Werke de Sades neu herauszugeben. Dominique Aury schrieb selbst ein Werk, das mit de Sade absolut auf Augenhöhe ist. Auch die Geschichte der O erschien beim Verleger Jean-Jacques Pauvert.

Jean-Paulhan war Lektor beim bedeutenden Gallimard Verlag, Dominique Aury war das ebenfalls. Daran zeigt sich, wie eng die Lebenswege der beiden miteinander verbunden waren.

Übrigens: Jean Paulhan hat ein Vorwort zu „Geschichte der O“ geschrieben und das Geheimnis um die Autorin nie gelüftet.  

Geschichte der O: die Handlung

Die Pariser Modefotografin „O“ wird von ihrem Geliebten Rene auf das Schloss Roissy gebracht. Auf Schloss Roissy gelten andere Gesetze: Hier haben sich Frauen dem Willen der Männer zu unterwerfen und sich nach belieben nehmen zu lassen. O lässt sich aus Liebe zu Rene zur perfekten Sklavin ausbilden. Sie lernt, jedem Mann, der sie will, bereitwillig zu dienen, sich sogar fesseln, peitschen und quälen zu lassen. 

Nach ihrer Ausbildung zur Sub auf Schloss Roissy überlässt Rene O Sir Stephen. Dieser erweist sich als noch dominanter als Rene und O verliebt sich in ihn. Zum Beweis unterwirft sie sich einer zweiten, noch strengeren Ausbildung im Anwesen Samois. O willigt ein, sich endgültig als Eigentum Sir Stevens kennzeichnen zu lassen und erhält Brandmale auf der Haut sowie Ringe an den Schamlippen.

Das Buch enthält einen Hinweis auf ein gestrichenes Schlusskapitel. Ich möchte die Schlusszeilen hier nicht vorwegnehmen 😉

Geschichte der O: die Geschichte des Buchs

Der junge Jean-Jaques Pauvert hatte bereits die gesammelten Werke de Sades verlegt und war dafür mehrfach unter Anklage gestellt worden. Nachdem die Verlage Gallimard und Deux Rives die Geschichte der O abgelehnt hatten (aus Furch vor einem Skandal) veröffentlichte Jean-Jaques Pauvert das Buch. 

Der Roman erschien im Juni 1954 in einer Auflage von 2000 Exemplaren. Zusätzlich wurden 600 nummerierte Bücher gedruckt und mit einem Bild (Lithographie) von Hans Bellmer verschönert. 

Jean-Jaques Pauvert wurde wegen Veröffentlichung von obszönen Materials angeklagt. Zwar wurde die Klage vor Gericht fallen gelassen, aber die Geschichte der O kam für einige Jahre auf den Index und wurde verboten. Jean-Jaques Pauvert wurde von den Behörden aufgefordert, den Namen der Autorin preiszugeben. Doch der Verleger weigerte sich standhaft. Überraschung: Im Januar 1955 wurde die Geschichte der O mit dem französischen Literaturpreis Prix des Deux Magots geehrt. 

Geschichte der O in Deutschland

Auch im Ausland war die Geschichte der O ein Erfolg, wurde aber überschattet von der zeitweisen Einstufung als „jugendgefährdend“. 1967 erschien die erste Ausgabe auf deutsch. Der Melzer Verlag, der eigentlich auf Werke rund um das Judentum spezialisiert ist, griff mit dem Buch nach dem rettenden Strohhalm, um dem drohenden Konkurs zu entgehen. 

Die pure, nicht-kommentierte Ausgabe der Geschichte der O wird von den deutschen Behörden als „jugendgefährdend“ eingestuft. Als Version mit Begleittext hingegen ist das Buch erhältlich und erlaubt. 2006 gaben die Bild-Zeitung und die Verlagsgruppe Random House eine gekürzte Version heraus. Soweit ich recherchieren konnte, wurde diese Ausgabe aber wieder zurückgezogen. 

1994 wurde das Original-Manuskrip der Geschichte der O verkauft. Der Käufer war ein Schweizer Sammler, der angeblich 100.000 US Dollar für das Manuskript gezahlt haben soll. Nach seinem Tod kam der Großteil der Sammlung beim Auktionshaus Christies’s in Paris unter den Hammer. 85.000 Euro soll das Manuskript einem Unbekannten wert gewesen sein. Über seine Identität ist nicht bekannt. 

Geschichte der O: die Fortsetzung

15 Jahre nach der Geschichte der O erschien eine Fortsetzung: „Rückkehr nach Roissy“. Sir Stephen wird am Ende wegen einem Mord von der Polizei gesucht. Nein, nicht an O, sondern an einem Geschäftspartner. Die Leiterin des Schlosses Roissy erklärt O, sie sei nun frei und können gehen – oder aber auch bleiben.

Die Fortsetzung findet bei weitem nicht die Beachtung, die die Geschichte der O gefunden hat. Das Buch wurde indiziert, ist aber in einer Version mit Begeleittext zugelassen und erhältlich.

Die Adaption als Comic

Der Italiener Guido Crepax fertigte nach Vorlage des Buchs eine Comic-Version der Geschichte der O an. Der Comic wurde in Deutschland indiziert und als „jugendgefährdend“ eingestuft.

Die Adaption als Film

1975 erschien die Verfilmung des Stoffs von Just Jaeckin mit Corinne Clery und Udo Kier in den Hauptrollen. Der Film orientiert sich klar am Buch, einige Inhalte wurden aber stark verändert. 

Ebenfalls 1975 erschien der Film „The Story of Joanna“ von US-Regiseur Gerard Damiano. Dieser Film entfernt sich noch weiter vom Buch die Geschichte der O.

Geschichte der O
Ring der O

Der Ring der O

In der Geschichte der O erhält O einen Ring. Er weist sie als Sub aus und verpflichtet sie, sich jedem Mann, der sie durch den Ring als Sub erkennt, hinzugeben.

In BDSM-Kreisen ist der Ring der O sehr beliebt. Im Unterschied zum Buch tragen den Ring aus Herren. Ein dominanter Herr trägt den Ring an der linken Hand (damit er die rechte Hand zum Schlagen frei hat). Eine Sub trägt den Ring an der rechten Hand. Switcher (also Personen, die sowohl dominant als auch devot sein können) tragen den Ring an einer Halskette, sie sind zwischen den beiden Positionen.

In BDSM-Kreisen dient der Ring als als Erkennungszeichen. Wer den Ring erkennt, kann aber nicht über den Träger verfügen, hier weicht die Realität natürlich sehr vom Buch ab, das sollte klar sein 😉

Das Design des Rings ist übrigens auch bei Halsbändern zu erkennen. Hier ist es sehr verbreitet, dass sich vorne am Halsband ein eiserner Ring befindet, an dem einen Leine angebracht werden kann. Auch hier erkennt man den Einfluss des Rings der O.

Das Kleid der O

Im Buch hat O den Männern jederzeit zur Verfügung zu stehen. Diesen Gedanken unterstreicht das Kleid der O. Es gibt verschiedene Varianten davon. Die konsequenteste ist, dass Po, Scham und Brüste vom Kleid nicht bedeckt werden.

Wie das aussehen kann, zeigt Lionara Moden.

Ich denke, die Geschichte der O hat sehr viele Frauen (und auch Männer) beeinflusst und inspiriert. Mich hat es ganz besonders intensiv berührt und in mir das brennende Verlangen geschürt, ebenfalls diesen Weg zu gehen. Dieses Weg habe ich rückblickend in einem Buch verarbeitet: Die Geschichte der jO.

Auch ich habe mich fremden Männern (und Frauen) geöffnet. Ich habe viel ertragen, aber auch viel Lust erfahren. Denn der eigentliche Antrieb, dieses Sexperiment aus eigenem, freien Willen zu wagen, war meine eigene Lust. 

Eine kostenlose Leseprobe des ersten Kapitels gibt es hier: amazon.de.

Geschichte der jO 1
Geschichte der jO 1

Ein Kommentar

  1. Mitte der 70iger als die Geschichte der O ins Kino kam, ging ich den Film auch ansehen. Dieser hat mich aber nicht so sehr fasziniert. Ich war damals etwa 22 Jahre alt und wusste über BDSM schon einiges.
    Auch dass ich devot/masochistisch veranlagt bin. Später kam dann die flambierte Frau mit Gudrun Landgrebe. Da wusste ich definitiv, dass das meine Art ist….

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